Hygiene im Rettungsdienst - Flächendesinfektion
Krankheitserreger können während eines Einsatzes vom Patienten auf das Personal und auf die Flächen im Fahrzeug übertragen werden. Einige Erreger überleben tage- bis monatelang auf unbelebten Oberflächen wie Tragen, Gurte, Arbeitsflächen, Halte- und Türgriffe, Geräte etc. Von dort aus können sie durch Berührungen über die Hände oder durch Verwirbelungen wiederum auf Mitarbeiter oder Patienten übertragen werden und Infektionen auslösen.
Mit einer korrekt durchgeführten Flächendesinfektion im Fahrzeug nach jedem Patiententransport bzw. Notfalleinsatz können Sie sich selbst und andere vor Infektionen schützen. Was Sie dazu wissen müssen, erfahren Sie im Folgenden.
Welche Art Flächendesinfektionsmittel gibt es?
Weitere Informationen:
- Flächendesinfektionsmittel im Schulungsmodul Flächendesinfektion
- Siehe Desinfektionsmittel nach Anwendung in der orochemie Hygiene App und unter www.orochemie.de
Schnell wirksam - ohne Alkohol
Was ist beim Desinfizieren von Flächen zu beachten?
Die Flächendesinfektion ist eine anspruchsvolle Aufgabe für Fachkundige. Folgendes sollten Sie zur richtigen Umsetzung wissen:
- Tragen Sie eine geeignete Schutzausrüstung:
- beim Ansetzen der Desinfektionslösung chemikalienbeständige Schutzhandschuhe, eine flüssigkeitsdichte Schutzschürze und eine Schutzbrille;
- bei der Ausführung der Wischdesinfektion chemikalienbeständige Schutzhandschuhe und eine flüssigkeitsdichte Schutzschürze.
- Führen Sie stets eine Scheuer-Wischdesinfektion durch:
- Dazu wird ein Tuch oder Wischbezug in Desinfektionslösung getaucht, oder es werden bereits vorgetränkte Tücher benutzt.
- Damit wird die Fläche unter leichtem Druck gewischt, um Verschmutzungen (Nährboden und Verstecke für Keime) von der Fläche zu lösen.
- Die Fläche muss vollständig mit ausreichend Desinfektionslösung – nicht „nebelfeucht“ – benetzt werden, damit keine Lücken entstehen. Nur bei vollständiger Benetzung werden die Erreger überall erreicht und können durchweg abgetötet bzw. inaktiviert werden.
- Trocknen Sie die Fläche nicht nach bzw. spülen Sie sie nicht ab vor Ablauf der Einwirkzeit.
- Bei einer Sprühdesinfektion oder Verneblung ohne Wischen fällt das Desinfektionsmittel in Form von Tröpfchen auf die Fläche. Dazwischen kann es Benetzungslücken geben. Wischen Sie daher gründlich nach dem Sprühen. Oder sprühdesinfizieren Sie nur solche Flächen, die für die Wischdesinfektion schwer erreichbar sind.
- Nehmen Sie sichtbare, grobe Kontaminationen von der Fläche mit einem in Desinfektionslösung getränkten Tuch auf.
- Danach wird die Fläche scheuerwischdesinfiziert.
- Angesetzte Desinfektionslösungen entsorgen Sie nach Verwendung bzw. arbeitstäglich.
- Beachten Sie bei ungebrauchten Lösungen die vom Hersteller angegebenen Standzeiten.
- Beachten Sie auch die vom Hersteller angegebenen Standzeiten von Desinfektionstüchern in Tuchspendern.
- Bereiten Sie Tuchspender vor der Wiederbefüllung hygienisch auf.
- Sehen Sie dazu den Flyer Aufbereitung und Wiederbefüllung von Tuchspendersystemen
- Nach der Routinedesinfektion können Sie die Fläche - unabhängig von der Einwirkzeit - dann wieder benutzen bzw. betreten, sobald sie sichtbar trocken ist. Die desinfizierende Wirkung besteht trotzdem weiter.
- In manchen Situationen muss die angegebene Einwirkzeit aus Sicherheitsgründen vor der Wiederbenutzung der Fläche jedoch abgewartet werden, z. B.:
- bei der gezielten Desinfektion von kontaminierten Flächen (z. B. mit Blut, Ausscheidungen),
- bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (z. B. von medizinischen Geräten),
- bei Maßnahmen zur Desinfektion gem. § 18 IfSG,
- bei der Schlussdesinfektion nach Infektfahrten (meldepflichtige Krankheiten gem. § 6 IfSG).
- Verwenden Sie Tücher nur für eine begrenzte Fläche.
- Damit diese so groß wie möglich ist, Tuch 2-3mal falten. Mit der einen Außenfläche wischen, dann Tuch wenden und mit der zweiten Außenfläche wischen. Anschließend Tuch aufklappen und verschmutzte Seiten aufeinander legen. Beide äußeren Flächen wieder zum Wischen verwenden. Usw.
- Nach Benutzung aller sauberen Seiten geben Sie das Tuch zur Schmutzwäsche und nehmen ein neues Tuch.
- Tauchen Sie benutzte Wischbezüge/Tücher nicht wieder in die Desinfektionslösung ein (dies führt zur Verunreinigung der Lösung).
- Wischtextilien und Reinigungsutensilien (Eimer, Wischgeräte) müssen hygienisch aufbereitet werden.
- Nach jedem Gebrauch desinfizierend waschen/reinigen.
- Textilien maschinell trocknen.
- Trocken und sauber lagern.
- Ist keine Aufbereitung möglich, verwenden Sie Einmaltücher.
Weitere Informationen:
- Schulungsmodul Flächendesinfektion
- orochemie - Anwendungsvideo:
Flächendesinfektion - orochemie - Anwendungsvideo:
Alkoholische Schnelldesinfektion - Flyer Wischdesinfektion
- Flyer Aufbereitung und Wiederbefüllung von Tuchspendersystemen
- Flyer Die häufigsten Fehlerquellen bei der Nutzung von Tuchspendersystemen
Was wird wann desinfiziert?
Flächen werden je nach Infektion beim Patienten bzw. nach Art der Kontamination desinfiziert. Dazu gibt es folgende Begriffe, die Sie kennen sollten:
- Prophylaktische/routinemäßige Desinfektion = die tägliche Desinfektion nach Übergabe des Patienten bzw. die wöchentliche Komplettdesinfektion des Fahrzeugs.
- Gezielte Desinfektion = Desinfektion bei erkennbarer Kontamination mit Körperflüssigkeiten, Ausscheidungen, etc.
- Laufende Desinfektion = Desinfektion meist patientennaher Kontaktflächen während des Patientenaufenthalts.
- Schlussdesinfektion = Desinfektion aller Bereiche, die nach Aufenthalt eines Infektpatienten (siehe meldepflichtige Krankheiten gem. § 6 IfSG) kontaminiert sein können.
- Angeordnete Desinfektion = vom Gesundheitsamt angeordnete Maßnahmen zur Desinfektion gem. § 18 IfSG.
Routinemäßig werden Flächen wie folgt desinfiziert:
Nach jedem Einsatz:
- patientennahe Flächen,
- Patientenkontaktflächen,
- Handkontaktflächen des Personals (z. B. Arbeitsflächen, Licht-, Lüftungsschalter, Gurte, Halte- und Türgriffe),
- kontaminierte Flächen (ggf. auch Boden),
- benutzte Utensilien, z. B.:
- Trage/Tragestuhl, Betreuersitze,
- Fieberthermometer,
- Blutdruckmanschette, Staubinde,
- Stethoskop,
- Geräte (Absauggerät, Defibrillator etc.),
- Notfallkoffer/-rucksack,
- Handys, Tablets.
Achtung:
Zusätzliche Desinfektionsmaßnahmen können je nach Erreger und Übertragungsweg erforderlich sein:
- Bei Erbrechen von Patienten mit Magen-Darm-Infektionen (z. B. durch Noroviren) entstehen Aerosole und großflächige Kontaminationen. => Alle Innenraumflächen (inkl. Decke, Wände, Schränke und Schubläden außen und innen, falls sie geöffnet wurden, offen stehende Geräte) desinfizieren und angegebene Einwirkzeit abwarten.
- Bei Patient mit Infektionserkrankung, die per Tröpfchen übertragen wird (z. B. Atemwegserkrankungen, offene Lungentuberkulose, Meningokokkoken-Meningitis, MRE-Besiedelung im Nasen-Rachen-Raum, Grippe, Masern, Röteln, Diphterie, Windpocken), alle Innenraumflächen (s. o.) desinfizieren. Sicherheitshalber die angegebene Einwirkzeit vor der Wiederbenutzung abwarten.
- Bei Befall mit Ektoparasiten (Flöhe, Läuse, Krätzmilben etc.): Übertragung durch engen Kontakt zu Patienten => alle Oberflächen gründlich reinigen bzw. desinfizieren.
- Bei seltenen Infektionskrankheiten wie hämorrhagischem Fieber (Lassa, Ebola) etc. erfolgt der Transport in Spezialfahrzeugen, die gemäß Rücksprache mit dem Gesundheitsamt aufbereitet werden.
Mindestens einmal täglich (zusätzlich zur Desinfektion nach Einsatz):
- Alle Arbeits-, Liege-, Sitzflächen,
- (Tür-)Griffe, Schalter,
- Geräte,
- Fußboden im Fahrzeug,
- Abfallbehälter.
Einmal wöchentlich:
- Fahrerkabine im Fahrzeug
- Komplettreinigung/-desinfektion des Innenraums, inkl.
- patientenferne Flächen, z. B. Fächer und Schubläden innen,
- Vertikale Flächen wie Wände und Türflächen.
Bei Bedarf aufbereiten:
- Sicherheitsschuhe.
- Seifen- und Desinfektionsspender (bei Verschmutzung oder z.B. halbjährig).
Weitere Informationen:
- Muster-Desinfektionsplan und Reinigungsplan für Rettungsdienste
- Krankheitserreger von A-Z, deren Übertragungswege und wirksame Desinfektionsmittel finden Sie hier oder in der orochemie Hygiene App
- Empfehlung des Landesausschusses Rettungsdienst (LARD) in Zusammenarbeit mit dem Landesgesundheitsamt Niedersachsen (NLGA) zu Schutz- und Hygienemaßnahmen im Rettungsdienst finden Sie hier.
- Vorschlag zur manuellen Aufbereitung geeigneter Spender für Händehygienepräparate
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