Multiresistente Erreger - GRE/VRE
Der Erreger GRE/VRE
GRE = Glykopeptid-resistente Enterokokken /
VRE = Vancomycin-resistente Enterokokken:
Enterokokken sind anaerobe, grampositive, nicht sporenbildende Kugelbakterien, die Bestandteil der normalen Darmflora von Mensch und Tier sind. Häufig auftretende Arten sind Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium. Bei immungeschwächten Menschen können sie Infektionen wie z. B. Harnwegsinfekte, Wundinfektionen, Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) und Sepsis auslösen.
Diese Erreger können Resistenzen gegen Glykopeptid-Antibiotika wie z. B. Vancomycin aufweisen. Man spricht daher von GRE (Glykopeptid-resistente Enterokokken) oder VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken).
Die GRE/VRE haben seit den 1990er Jahren (erstmals 1987) in Europa als Erreger nosokomialer Infektionen an Bedeutung zugenommen. Die Resistenzen stehen im Zusammenhang mit dem Einsatz wachstumsbeschleunigender Glykopeptid-Antibiotika (Avoparcin) in der industriellen Tiermast. 1997 wurde folglich ein EU-weites Verbot des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung erlassen.
Enterokken:
Übertragung durch Kontakt- oder Schmierinfektion:
- In erster Linie über die Hände
- Über kontaminierte Flächen und Gegenstände
Verbreiten sich weit und sehr schnell z. B. bei
- Inkontinenz, Diarrhoe (Durchfälle), Enterostoma (künstlicher Darmausgang)
- Besiedelten offenen Wunden
Dies führt zu hoher Kontamination in der Umgebung betroffener Patienten.
Sehr hohe Umweltpersistenz (Überlebensfähigkeit in der Umwelt):
- Überleben mehrere Minuten Temperaturen bis 60 °C.
- Auf unbelebten Flächen tage- bis wochenlang nach Kontamination nachweisbar.
Die wichtigste präventive Maßnahme zur Eindämmung der GRE-/VRE-Verbreitung ist der kritische und kontrollierte Einsatz von Antibiotika. Ausbrüche durch GRE/VRE lassen sich nur durch ein verändertes Hygieneregime in den Griff bekommen!
Infektionen durch GRE/VRE
Typische Infektionen, die durch GRE/VRE ausgelöst werden:
- Harnwegsinfektionen
- Wundinfektionen
- Intraabdominale Infektionen (Entzündungen im Bereich des Rumpfes), wie z. B. Gallenwegsinfektionen,
- Sepsis (Entzündungsreaktion des Organismus auf eine Infektion)
- Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut)
Verhaltensregeln für GRE-/VRE-Träger
Je nach dem wo die Kolonisation bzw. Infektion mit GRE/VRE vorliegt, gibt es für den GRE-/VRE-Träger Einschränkungen.
Bei Wundbesiedelung:
- Anlegen geeigneter Verbände vor Verlassen des Zimmers/des Haushalts
Bei Nachweis von GRE/VRE im Stuhl oder Urin:
- Eigene, zugewiesene Toilette benutzen
- KEINE Nutzung öffentlicher Toiletten
Berührungskontakt vermeiden zu:
- Personen mit offenen Wunden oder Hautekzemen
- Personen mit invasiven Kathetern (Harnwegskathetern, PEG-Sonden etc.)
- Schwerstkranken
- Neugeborenen und
- Tieren
(Wohlgemerkt: Dies bedeutet keine absolute Einschränkung der sozialen Kontakte sondern nur das Vermeiden von Berührungskontakten.)
Verbot für Besuche von:
- Sauna, Schwimmbad, Therapiebad, Whirlpool etc.
- anderen Gemeinschaftseinrichtungen (Patientenbereiche auf Station, Cafeteria etc.)
Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
Bei der Pflege, Versorgung oder dem Transport von GRE-/VRE-Trägern bzw. bei Reinigungsarbeiten gehören zur persönlichen Schutzausrüstung:
(Einmal-)Schutzhandschuhe
- Bei Kontakt zu kolonisierten/infizierten Körperstellen oder Sekreten, z. B.
- beim Verbandswechsel
- beim endotrachealen Absaugen
- bei der Mundpflege
- bei der Manipulation am Blasenkatheter
- Bei möglichem Kontakt mit erregerhaltigem Material, Körperflüssigkeiten, Ausscheidungen
- Ablegen
- vor anderen Tätigkeiten am Patienten oder im Zimmer (Dokumentation in der Krankenakte, Aufräumarbeiten etc.)
- vor Verlassen des Zimmers
Schutzkittel, langärmelig/Einmalschürze
- Bei jeder pflegerischen, diagnostischen und therapeutischen Tätigkeit mit direktem Patientenkontakt und der Gefahr der Kontamination, z. B.
- beim Verbandswechsel
- beim Absaugen
- beim Bettenmachen
- beim Umlagern oder Waschen des Patienten
- während der Physiotherapie
- während der Fußpflege
- während der Haarpflege
- beim Röntgen
- bei invasiver Diagnostik
- bei körperlichen Untersuchungen
- Bei Kontakt mit potenziell erregerhaltigem Material.
- Ggf. zusätzlich flüssigkeitsdichte Schutzschürze anlegen.
- Personenbezogen verwenden.
- Bei Mehrfachnutzung muss der Schutzkittel im Zimmer/Haushalt verbleiben, Innenseite vor Kontamination schützen (stationäre/ambulante Pflege).
- Wechsel täglich und bei Verschmutzuung sofort.
- Auch das Reinigungspersonal muss Schutzkittel tragen und diesen nach Reinigungsarbeiten im Zimmer abwerfen.
Atemschutz/Mund-Nasen-Schutz
- Bei Tätigkeiten, bei denen Aerosole entstehen können, z. B. endotracheales Absaugen, Verbandswechsel bei stark nässenden Wunden.
- Bei sehr engem Kontakt.
- Ansonsten nicht notwendig.
Anmerkung: Die Anwendung einer Atemschutzmaske ist dem herkömmlichen Mund-Nasen-Schutz aufgrund des besseren Personalschutzes vorzuziehen. Zu verwenden sind partikelfiltrierende Halbmasken der Filterklassen FFP2 oder FFP3 (DIN EN 149). Sie können bei personengebundener Anwendung mehrfach benutzt werden.
Für den Rettungsdienst gilt:
- Schutzkittel genügen, Infektionsanzüge/Overalls sind nicht notwendig.
- Das Tragen von Schutzkleidung ist in der Fahrerkabine nicht erforderlich. Ansonsten gilt Obengenanntes.
Schutz vor Kontamination
Folgende Maßnahmen sind bei der Pflege, Versorgung oder dem Transport von GRE-/VRE-Trägern strikt einzuhalten:
Unterbringung
Im Einzelzimmer oder in Kohorte (stationäre Pflege) mit eigener Toilette/Nasszelle erforderlich.
Achtung:
Niemals MRSA- und GRE-/VRE-Träger zusammenlegen. Dadurch kann MRSA die Glykopeptid-Resistenz erwerben => Vancomycin-resistenter Staphylococcus aureus (VRSA). Die Folge: Noch weniger Antibiotika sind wirksam.
Sehen Sie in diesem Zusammenhang auch das Schulungsmodul MRSA.
Qualifizierter Krankentransport
Hier müssen die Basishygienemaßnahmen eingehalten werden, um eine Übertragung auf das Personal bzw. den nachfolgenden Patienten und das damit verbundene Kolonisations- bzw. Infektionsrisiko zu vermeiden.
Vorbereitende Maßnahmen der anfordernden Einrichtung
- Auf das notwendige Minimum beschränken.
- Als Einzeltransport anmelden.
- An Zieleinrichtung und Transportpersonal vor Verlegung Informationen weitergeben, damit erforderliche Schutzmaßnahmen veranlasst werden können.
- Aktuelle Befunde und ggf. Dokumentation von Dekontaminationsmaßnahmen in Kopie in verschlossenem Umschlag mitgeben.
- Rollstuhl/Rollator wischdesinfizieren.
- Bett frisch beziehen und wischdesinfizieren.
Patientenvorbereitung (soweit möglich)
- Antiseptisches Bad/Ganzkörperwaschung inkl. Haarwäsche
- Frische persönliche Wäsche anziehen
- Händedesinfektion durchführen
- Mund-Nasen-Schutz anlegen
- Hautläsionen/Wunden erregerdicht steril abdecken.
Versorgung des GRE-/VRE-Trägers
- Am Ende der Schicht, des Tages, des (Transport-/Praxis-/Ambulanz-) Programms.
- Patientenbezogene Betreuung empfohlen.
Therapeutische bzw. diagnostische Maßnahmen
- Möglichst im Zimmer durchführen => Transporte gering halten!
- Wartezeiten in Praxen oder Ambulanzen vermeiden.
- Pflege-, Behandlungs-, Untersuchungsmaterial patientenbezogen verwenden und nach Nutzung wischdesinfizieren.
- Nach Toilettenbesuch Wischdesinfektion durchführen.
Desinfektionsmittel
Beachten Sie bitte Folgendes:
- Konzentration und Einwirkzeit nach Herstellerangaben einhalten.
Weitere Informationen:
- Schulungsmodul "Grundlagen der Hygiene/Desinfektion"
Desinfektionsmaßnahmen
Desinfektions- und Reinigungsarbeiten möglichst am Ende des Durchgangs/der Schicht durchführen. Folgende Desinfektionsmaßnahmen sind erforderlich.
Oberstes Gebot: Händedesinfektion!
- Vor jedem Patientenkontakt.
- Vor und nach dem Tragen von Einmalhandschuhen.
- Nach jeder Manipulation an kolonisierten/ infizierten Körperstellen vor weiteren Tätigkeiten am Patienten (Vermeidung von Besiedelung weiterer Körperstellen).
- Nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material.
- Vor anderen Tätigkeiten im Zimmer/Haushalt.
- Vor Verlassen des Zimmers/Haushalts.
- Regelmäßiges Unterweisen des GRE-/VRE-Trägers und seiner Besucher in korrekter Händedesinfektion.
Pflegeutensilien (Steckbecken, Thermometer etc.) und Geräte (Absaug-/Inhaliergeräte etc.)
- Nach jeder Benutzung/nach Patientenübergabe (Rettungsdienst) wischdesinfizieren.
- Desinfizierende Aufbereitung von Steckbecken und Urinflaschen in der Steckbeckenspüle.
- Wenn möglich (ambulante/stationäre Pflege) dem einzelnen Patienten zuordnen.
Gründliche Schlussdesinfektion
- Nach Aufhebung der Isolierung
- Nach Verlegung, Entlassung oder Tod des GRE-/VRE-Trägers
- Gardinen und Vorhänge abnehmen und desinfizierend waschen
- Verworfen bzw. aufbereitet werden alle offen gelagerten, patientenbezogenen Medikamente, Medizinprodukte und Wäscheteile.
- Original verpackte und geschützt gelagerte Medizinprodukte können weiterverwendet werden, falls Umverpackung verworfen oder desinfiziert wird.
Reinigungsutensilien
- Nach Gebrauch hygienisch aufbereiten.
Sehen Sie dazu auch das Schulungsmodul Aufbereitung von Desinfektionsutensilien
Weitere Informationen:
- orochemie - Anwendungsvideo:
Hände richtig desinfizieren - orochemie - Anwendungsvideo:
Flächendesinfektion - orochemie - Anwendungsvideo:
Alkoholische Schnelldesinfektion - orochemie - Anwendungsvideo:
Instrumentendesinfektion - orochemie - Anwendungsvideo:
Absauggerätedesinfektion - orochemie - Anwendungsvideo:
Inhaliergerätedesinfektion
Abfallentsorgung
Mit GRE/VRE kontaminierte Abfälle unterliegen keiner Regelung als Sonderabfälle. Die Desinfektion der Ausscheidung ist nicht notwendig. Bitte beachten Sie die Hygienemaßnahmen bei der Entsorgung, z. B. Händedesinfektion nach Verschließen des Müllsacks etc.
Sekrete und Ausscheidungen
- Sofort in die Toilette bzw. Steckbeckenspüle geben.
GRE-/VRE-kontaminierter Abfall
- Routinemäßige Abfallentsorgung (gemäß dem hauseigenen Abfallkonzept)
- Kein Sondermüll, kein infektiöser Abfall, kein Recycling-Material.
- In dicht verschließbare Plastiksäcke geben.
- Auf direktem Weg in den Hausmüll-Container entsorgen.
Spitze, scharfe Gegenstände
- In durchstichsicheren Behältern entsorgen.
- Kein Recapping
Wäsche und Geschirr
GRE-/VRE-Wäsche ist keine "infektiöse" Wäsche. Gehen Sie damit wie folgt vor:
- Wäscheabwurf im Patientenzimmer.
- Wäsche inkl. der kontaminierten textilen (Dienst-)Kleidung und Textilien sammeln.
- In fest verschlossenen Säcken desinfizierendem Waschverfahren zuführen oder Wäsche thermisch bzw. chemothermisch desinfizierend waschen.
- Nach Abtransport der geschlossenen Wäschesäcke sofortige Händedesinfektion.
Das Geschirr von GRE-/VRE-Trägern bzw. –Infizierten wird wie folgt aufbereitet:
- Nach Gebrauch in einem geschlossenen, gekennzeichneten Behälter zur Spülküche transportieren.
- Umgehend in die Spülmaschine einräumen und bei mind. 65 °C spülen.
Sanierung
Sanierung beschreibt die Phase umfangreicher Maßnahmen zur Dekontamination:
Es gibt keine bewährten Dekontaminationsmaßnahmen für GRE-/VRE-Träger. Sanierungsversuche sind meist auf längere Sicht erfolglos.
Screening
Bei einem Screening werden Abstriche genommen und im Labor untersucht:
Vorgehen:
- Screening mittels Rektalabstrich (Stuhl) und Untersuchung aller vormals positiven Materialien (Urinprobe, Wundabstrich etc.)
- An 3 Tagen jeweils im Abstand von einer Woche.
- Sind alle Untersuchungsproben negativ, kann die Isolierung aufgehoben werden.
Bei Patient:
- Rektalabstrich bei vorbekannter GRE-/VRE- Infektion/-Kolonisation vor geplanter Aufnahme in ein Krankenhaus.
Bei Personal:
- Kein Screening, da nicht belegt ist, dass ein Mitarbeiter-Screening vorteilhaft ist.
Alle Maßnahmen auf einen Blick: Hygienemaßnahmen bei Glykopeptid-resistenten (GRE) bzw. Vancomycin-resistenten (VRE) Erregern
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